Ich verstehe Heideggers In-der-Welt-sein als jene ganzheitliche Selbst-Erfahrung des Menschen, in der ein Sein erfahrbar wird, das sich selbst erfahren kann. In dieser Erfahrung sind Selbst und Welt eins und können nicht unabhängig voneinander existieren, so wie es wissenschaftliche Sichtweisen seit Descartes sonst üblicherweise beschreiben. Die Existenz des Daseins ist also untrennbar mit der Welt verbunden.

Um eine ganzheitliche Betrachtung des Seins so durchzuführen, wie sie sich von ihm selbst her zeigt, benutzt Heidegger die Methode der Phänomenologie, die er bei seinem Lehrer Edmund Husserl kennengelernt hat.

Das Sein hat für Heidegger 8 verschiedene unhintergehbare, strukturelle Wesensmerkmale, die er Existenziale nennt:

1) In-der-Welt-sein
2) Stimmung
3) Sorge
4) Entwurf
5) Sein zum Tode
6) Mitsein
7) Möglichkeitscharakter des Seins
8) Schuld

Mit Eigentlichkeit bezeichnet Heidegger den Zustand des Seins, in dem die Sorge, im Sinne von „auf etwas ausgerichtet sein“, dem Leben eine Richtung gegeben hat. Ist das Sein nicht auf etwas ausgerichtet, dann nennt Heidegger diesen Zustand Uneigentlichkeit. Das Mitsein, also das sich anpassen an alle oder niemanden, verstrickt das Dasein in die Uneigentlichkeit, also in ein Leben ohne Richtung.

Eine besondere Rolle spielt bei Heideggers Erkundungen die Angst. Angst ist eine Eigenschaft des Existenzials der Stimmung. Während die Furcht einen Gegenstand hat, vor dem man sich ängstigt ist die reine Angst für Heidegger immer Gegenstandslos. Diese Angst vor dem Nichts ist die Angst vor dem In-der-Welt-sein. Die Angsterfahrung enthüllt die Nichtigkeit, die das Dasein in seinem Grunde bestimmt.

An diesem Grunde der Nichtigkeit angekommen ruft das Dasein sich selbst auf zu seinem Sein-können. Sich ängstigend um das Sein-können, ist es die Sorge des Daseins, die den eigenen Willen zum Leben aufruft. Dieser Ruf des Gewissens wird vom Existenzial der Sorge hervorgebracht. „Das Dasein ist rufverstehend hörig seiner eigensten Existenzmöglichkeit“ formuliert es Heidegger.

In der Grundstimmung der Angst, uns selbst zu erwählen, ergibt sich die Möglichkeit, unsere Eigentlichkeit zu finden. Das Dasein versteht sich selbst immer aus seiner Existenz heraus, seiner Möglichkeit, es selbst oder nicht es selbst zu sein. Heidegger sieht die Existenz als eine ständige Möglichkeit, sich selbst zu entwerfen. Die Existenz ist immer auf eine Weise „offen“ für verschiedene Entfaltungen, und es ist die Sorge, die die Richtung dieser Entfaltung beeinflusst. Dieser Möglichkeitscharakter des Seins ermöglicht ein Dasein in der Eigentlichkeit. Statt die Angst zu verdrängen, ist es besser sie zu durchleben und damit unser Dasein in die Eigentlichkeit zu bringen.

Durch das Treffen von Ent-scheidungen schließen wir immer Möglichkeiten aus. Deshalb nehmen wir immer Schuld auf uns. Eine Möglichkeit nicht gewählt zu haben, macht uns schuldig. Diese Schuld wird von Heidegger nicht als moralische Schuld betrachtet sondern als die Übernahme von Verantwortung für die eigenen Existenzmöglichkeiten.

Dies sind im Kern die Strukturen des Seins, wie sie Martin Heidegger mit Hilfe der Phänomenologie hergeleitet hat. Auf seine eigentliche Ausgangsfrage „Was ist der Sinn des Seins“ hat Heidegger allerdings nie eine Antwort gegeben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert